Dienstag, 27. September 2011 ….Einen neuen und traurigen Einzelfall….

23. Oktober 2011

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habe ich nun in das PoA-Programm aufgenommen:

Meine Mama nahm mich mit zu einer ihrer früheren Schülerinnen, die an Leberzirrhose gemischt mit Diabetes erkrankt ist. Von einem Verwandten aus Zanzibar erhielten wir die Nachricht, dass sich ihr Zustand verschlechtert hat und wir schnell kommen sollten. So fuhren wir gestern abend um 20h los, gerade als im ganzen Land kompletter Stromausfall war und die Stadt total finster und dunkel. Mit einer Solarlampe machten wir uns auf den Weg, quer über holprige Sandpisten und erreichten das Haus von ihr. Ihr Sohn und der Onkel nahmen uns in Empfang und wir liefen durch die Dunkelheit durch mehrere Sandgräben, bis wir ankamen… Nur im Schatten der Solarlampe erkannte ich ihr schmerzverzerrtes Gesicht, sie saß am Eingang des Hauses auf einem lidschäftigen Plastikstuhl und jammerte vor Schmerzen. Ihr Gesicht ist inzwischen komplett abgemagert, die Augen bald größer als der Rest des Gesichtes, ihr Oberschenkel dünner als mein Oberarm. Der Sohn Ibrahim sass vor ihr und wedelte ihr mit einem Tuch ein wenig Luft zu. In der anderen Hand hielt sie eine Plastikdose, in die sie permanent ihren Schleim abhustete. Sie hat einige Liter Wasser in der Lunge und das Atmen fällt ihr extrem schwer, sie konnte kaum sprechen.

Wir saßen bis lange in die Nacht vor dem Haus und überlegten, wie wir ihr etwas Gutes tun könnten. Inzwischen kann sie nicht mehr liegen, sie muss im Sitzen schlafen, sonst drückt es ihr die Luft ab. Die einzigen Worte waren: Ich kämpfe weiter, ich gebe noch nicht auf… und sie wartet auf ihre Tochter Zainab, die aktuell eine Ausbildung auf Zanzibar macht und mit dem Bus auf dem Weg sei…

Vor 3 Jahren wurde bei ihr die Leberzirrhose diagnostiziert und seit 10 Monaten ist sie zu Hause und kann nicht mehr arbeiten. Mehrfache Operationen u.a. auch im Muhimbili in Dar es Salaam konnten ihr nicht helfen und die Ärzte haben sie nach Hause geschickt. Nun wartet sie in ihrem Plastikstuhl…

Leider gibt es hier keine Kranken- oder Arbeitslosenversicherung…

Bis nachts um 1h diskutierte ich mit Mama, wie wir ihr Ende vllt.etwas würdevoller gestalten könnten…???

Heute morgen habe ich beschlossen, ihr wenigstens etwas zu essen zu kaufen. Das einzige, was sie noch zu sich nehmen kann, ist das gute „Uji“ (Maismehl mit Wasser aufgekocht und flüssig) sowie Suppe mit ein wenig Gemüse und Huhn. So gingen Mama und ich auf den Markt und kauften ein Huhn – wahrlich nichts für Tierfreunde! Die Hühner hocken zusammengepfercht auf engstem Raum in ihren Käfigen und Mama suchte ein tolles Huhn aus. Es hat sich ziemlich heftig gerochen – dem Huhn wurden dann die Füße zusammengebunden und so marschierten wir weiter und kauften zwei ganze Körbe Essen für die Familie ein. – Wie mir Mama später erzählte, sagte Mama Ibra, es wäre ein absolutes Wunder, das einzige, was sie seit Tagen zu essen hatten, wäre eine Cassava-Wurzel gewesen…

So fuhren wir mit dem Huhn auf der Rückbank zu Mama Ibras Haus und brachten das Essen. Sie freute sich riesig und lächelte sogar, es ging ihr auch ein wenig besser als gestern Nacht.

In meinem Geschenke-Koffer fand ich noch ein schönes Kleid und ein Halstuch für sie und ich war erstaunt, sie wollte es sofort anziehen. So zog Mama ihr das Kleid an und es passte – trotz des übergroßes Bauches (Milzvergößerung?) – sah sie echt gut aus – und es tat ihr gut!!!

Sie bat mich sogar von sich aus, ein Foto mit ihr zu machen und sie war total glücklich…

 

Ich freue mich, wenn Ihr Mama Ibra mit in Eure Gedanken oder Gebete nehmt, dass sie nicht mehr allzusehr leiden muss!!!

 

Ein wenig traurige, aber dennoch hoffnungsvolle Grüße von mir aus Tansania!

 

Steffie