Montag, der 16. Februar 2009 – Choga –

17. Februar 2009

Mein Aufenthalt ging hier gleich wieder gut los. Gestern waren wir nach der Kirche stundenlang einkaufen und auf saemtlichen Fischmaerkten und der Abend endete bei Choga im Bugando-Hospital bei einem eher traurigen Anlass. Ich kenne Choga schon seit Beginn an, er ist inzwischen 17 Jahre und ging von anfang an auch bei Sr. Denise in die Primary-School, sowie auch Edison, der aktuell hier in Mwanza ist. Choga war immer ein sehr lebendiger Junge und voller Temperament und wir hatten in der Vergangenheit schon immer viel Spass beim Fussballspielen etc. Leider wurde er zu Hause sehr vernachlaessigt, der Vater hat wieder eine neue Frau geheiratet, die ihn nicht leiden konnte, er wurde in der Schule immer schlechter etc. Nun liegt er gerade im Bugando-Hospital da er ein riesiges Geschwuer an der Schulter hat, was komplett aufgeblasen ist. Das kuriose an der Geschichte ist, dass anfaenglich gedacht wurde, es handelt sich um einen Tumor o.ae. Nun erfuhr ich, dass seine Stiefmutter ihn mit einem Stock am Brustkorb verletzt haben soll bzw. „verzaubert“ – also auch Sr. Denise meint, dass es etwas mit Witchcraft zu tun hat, da es urplotzlich riesig wucherte etc. Egal, was ich da glauben kann, Fazit ist, dass Choga nun in Bugando liegt, vollkommen unterernaehrt, nichts mehr isst und trinkt und komplett benommen ist. Ich ging nun gestern abend mit ins Krankenhaus, wo er im 8.Stock (ohne Aufzug natuerlich!) in einem riesen Zimmer mit zig anderen „Halbtoten“ und „Halbverbluteten“ liegt. Der Geruch war natuerlich nicht sehr berauschend, um Chogas Bett standen einige seiner Verwandten, die alle am Heulen waren und eine komplette Trauerstimmung verbreiteten. HInzu kam, dass Walter, einer unserer Lehrer mit dabei war und ploetzlich das Beten anfing, aber wirklich in einem Ton und mit einem Inhalt, als waere sowieso schon alles zu spaet. Ich kuckte mir das Drama aus der Distanz an, da eh soviele Menschen herumstanden und ich noch dazu an einem Schwerverletzten haette vorbeigehen muessen, dessen Blut das gesamte Laken inkl. Boden bedeckte (Mahlzeit – ich kann doch kein Blut sehen), bis mich Choga entdeckte und total schwach „Steffie“ fluesterte. Gut, also musste ich mich an das Bett vorarbeiten und dem Jungen die Hand halten, auch wenn sich in mir alles drehte. Ich dachte mir dann: Gut, so kann das jetzt nicht weitergehen und drueckte seine Hand und fragte, ob er mich hoeren kann? Er grinste und ich sagte ihm „Listen! – Klar, wir koennen alle fuer dich beten, aber das ist hier jetzt nicht dein Ende und du trinkst jetzt den Saft, den wir dir mitgebracht haben und isst etwas, Du musst zu Kraeften kommen, so dass Du operiert werden kannst … „. Ich erntete dann erstmal entsetzte Trauerblicke, Sr. Denise kam dann (wie sie eben ist) und stopfte ihm sofort einen Strohhalm in den Mund und meinte: So, jetzt wird getrunken und Choga ass und trank ganz brav!!! Ja, die Denise ist in solchen Dingen so klasse – es war echt so eine schlimme Stimmung in diesem Laden und der Oberhammer war, dass in der Nacht zuvor ein Mann mit 29 Jahren gestorben ist und nun wollten sie gerade Choga in dieses Bett legen – dazu fiel mir nichts ein. Inzwischen haben 17 Leute hier von Montessori Blut gespendet und der Arzt moechte versuchen, dieses Mega-Ding operativ zu entfernen und wir hoffen nun einfach, dass er es packt. Die OP ist fuer morgen frueh angesetzt – vorhin brachte ich ihm noch meinen Discman und seine Lieblings-Musik, so dass er wenigstens etwas Musik hoeren kann… Aber es ist schon echt traurig, wenn man so die Patienten dort vor sich hinvegetieren sieht und niemand, aber auch wirklich niemand kuemmert sich. Da sitzen die Schwestern im Office und schwatzen miteinander, waehrend so nem armen Kerl das ganze Blut auf den Boden fliesst. Dass sie dem Choga vielleicht mal eine Infusion geben, damit er etwas Fluessigkeit bekommt – auf die Idee kam auch kein Mensch. Also ich frage mich echt, was da die Intention dieses Krankenhauses ist –

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