Mittwoch, der 11.3.09: Wo ist die Zeit geblieben ……?

12. März 2009

Mit Schrecken stelle ich gerade fest, dass ich in 4 Tagen wieder im Flieger Richtung Deutschland sitze – eine Mail aus Deutschland mit der Erinnerung an den Studienplan fuer naechstes Semester holte mich wieder schnell in die deutsche Realitaet zurueck…

Die letzten Tage verliefen ein wenig zaeh, es gab immer die „typischen“ tansanischen Probleme und Auseinandersetzungen. Ein Beispiel waere der kaputte Schulbus, fuer den ich bei meiner Anreise schon Ersatzteile aus Dar es Salaam mitbrachte. Diese waren natuerlich vom Koordinator falsch eingekauft und es mussten neue bestellt werden, die dann ein Student aus Dar mit dem Bus hier her brachte. Die waren dann unvollstaendig und eine weitere Lieferung wurde per Dahaco geschickt, die dann leider beschaedigt waren and so on. Es folgten ewige Autofahrten von einer Werkstatt zur anderen und wieder zurueck, das ganze viermal in der Mittagshitze und bis auf, dass Sr. Denise nun ewig Geld, Zeit und Nerven verloren hat, hat sich nicht wirklich was getan…

Ein anderes Sorgenkind war Maziku, mein Strassenkuenstler, mit dem ich heftigste Auseinandersetzungen hatte, weil er einfach seinen Hintern nicht hochkriegt, aber staendig hier vor der Haustuere steht und um Geld bettelt. Letztendlich ist mir der Geduldsfaden gerissen (ich kenne ihn ja inzwischen schon seit mehreren Jahren!) und ich habe ihm nun mitgeteilt, dass ich seinen Kindern keine Schulgebuehren mehr bezahlen werde und hab ihn rausgeworfen. Das hat natuerlich gesessen und es kamen ewig die Anrufe, die Frau stand dann mit den Kindern vor der Tuere etc.

Nach einem laengeren Gespraech geradeeben habe ich ihm das letzte Ultimatum gestellt, dass er nun entweder bei Sr. Denise hier arbeiten und alles moegliche anpinselt und bemalt und dafuer ein Geld bekommt etc. oder aber es wird echt alles gestrichen. Seit Jahren sage ich ihm schon, dass ich ihm niemals gesagt habe, dass er heiraten und Kinder in die Welt setzen soll, damit ich alles durchfinanzieren kann – aber das hat er wohl noch nicht verstanden. Ausserdem wuesste ich auch nicht, warum ich ihm ein Haus bauen soll, nur weil er sich einbildet, er haette auch gerne ein Haus / ich habe auch keines 😉 Nun bin ich gespannt, ob er mal was bewegt, bis ich im Juli wiederkomme!

Grosses Drama gab es auch mit Innocent, der alles andere als innocent ist: Kurz vor meiner Ankunft hat er Sr. Denise bestohlen und wurde dann noch mit einer Frau nackt im Bett angetroffen, da hat ihn die Sister rausgeschmissen. Nun lebt er natuerlich wieder auf der Strasse und wurde auch aus der Schule rausgeworfen und das durfte dann alles Steffie regeln. Prima, nun stand der „schuldige“ Innocent regelmaessig auf der Matte und hat mich mit SMS und Entschuldigungsbriefen ueberhaeuft. So, nun habe ich nach 3 Wochen einfach beschlossen, ihm die Schulgebuehren weiterzubezahlen, wenn er eine Unterkunft findet, wo er wohnen kann, da ihn Sr. Denise nicht mehr aufnimmt und ich hoffe, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Allerdings brachte ich es nicht fertig, mitanzusehen, dass er deshalb wieder auf die Strasse muss, von wo er kam, nachdem er bereits in der Form II war und seine Schulergebnisse gut waren…

Das Schoenste an diesem Morgen war Mama Grace, die mir einen Brief brachte (schoen, dass ich auch mal positive Post bekomme und mal keine Bettelbriefe!) Sie hat so herzig geschrieben wie dankbar sie mir ist, dass ich ihren Vitenge-Shop finanziert habe und sie ist so gluecklich, weil sie nun ihre Arbeit hat und dadurch auch den Tod ihres Mannes besser verkraften kann und nun gelernt hat, eigenstaendig fuer ihre beiden Maedels zu sorgen. Ach ja, dann hat sie mir voller Freude noch ein Geschenk ueberreicht und zwar ein Kitenge -natuerlich in meiner Farbe Pink – und ich habe mich so gefreut, weil es ihr echt gut geht.

Als Fazit sehe ich schon echt immer wieder, dass oft ohne Druck nichts laeuft und man die Leute immer wieder kicken muss, dass sie sich bewegen muessen. Nicht umsonst bin ich ja hier im Land der Sukumas (uebersetzt> to push), und die meisten machen ihrem Tribe schon wirklich alle Ehre, dass man sie pushen muss. Dass nun doch auch hin und wieder kleine Lichtblicke zu sehen sind, erfordert unendliche Geduld und Sr. Denise sagt immer: Vielleicht muss ich 200 Jahre alt werden, dass sich mal was aendert! Erreichen koennen wir immer nur einen kleinen Bruchteil, aber gerade deshalb ist es schoen, wenn man Mini-Teilerfolge sieht und die Menschen v.a. selber etwas von sich aus erreichen!

In diesem Sinne einen schoenen Tag und ich schicke ein paar letzte Sonnenstrahlen

Steffie

zurück