Lost in Muganza –

3. September 2010

Die letzten Wochen waren wieder sehr ereignisreich, v.a. in Dingen, die nicht funktionieren. Da gibt es zum einen meine inzwischen jahrelange Sozialarbeit mit Maziku, der wohl ein dauerhaftes Problem sein wird. Maziku, der Jahre auf der Strasse war, seine Postkarten mal, zwischendurch mal Gefaengnisbetreuung von mir bekam, dessen beide Kinder gesponsort werden und dessen Frau Tedi letztes Jahr um Hilfe bat, weil er staendig besoffen ist und sie verschlaegt. Das ist fuer viele wohl auch der letzte Stand, dass ich letztes Jahr mit Tedi bei der Social Welfare war, ihr und den beiden Kindern ein Zimmer organisiert und dieses fuer 1 Jahr bezahlt habe und mit ihr den Umzug machte…Tja, nun machen wir einen Sprung in die Gegenwart: Tedi ist wieder zurueck bei ihm und kriegt naechste Woche Kind Nummer 3. Also soviel zu dem Thema und nun stehen sie wieder hier und jammern herum, dass sie kein Geld haben. Ich hab ihnen mal ganz klar verstaendlich gemacht, dass ich ihnen wahrlich nicht gesagt habe, dass sie hurtig weiter Kinder produzieren sollen und dass ich auch keinerlei Verpflichtung habe, ein weiteres Kind zu bezahlen. Uebrigens ganz interessant ist die Verhaltensweise mancher Tansanier dann. Zum einen meinte Maziku, dass Tedi seine Frau ist, und sie haben beide gemeinsam beschlossen, noch ein 3.Kind zu zeugen; zum anderen kommt dann regelmaessig die Religion ins Spiel und der Spiess wird umgedreht nach dem Motto: “Steffie, Du bist Christin, Du MUSST verzeihen und MUSST helfen!”

Derselbe bzw. ein aehnlicher Fall ist mit Mama Monica, die vor 3 Jahren total abgemagert und verwahrlost mit 5 Kindern vor der Tuere stand und um Hilfe bat. Sie arbeitet seitdem als Koechin hier, Sr. Denise hat ihr ein Zimmer gleich nebenan vermittelt und die Schulgebuehren fuer die Kids werden bezahlt. Sie ist dann sehr aufgeblueht, hat zugenommen und wieder Lebensfreude bekommen. Anscheinend ist das dem Ehemann auch aufgefallen und mit Einfluss der Kirche und eines verantwortungsbewussten Fathers wurde sie wieder zu ihm zuruckegeschickt, bzw. ist sie aus mehr oder weniger freien Stuecken wieder zu ihm in das Haus zurueckgegangen. Nur, dass er in keinster Weise sein Verhalten geandert hat, nach wie vor saeuft, seine Frau und die Kinder verschlaegt und sich mit zig weiteren Frauen vergnuegt, nur alle paar Tage heimkommt und Mama Monica ihr Geld wegnimmt – soviel zum Thema “Verbreitung von HIV”.

Ein jaehrliches Problem ist immer der Schulausflug der Standard VII und Form IV in die Serengeti, weil nie alles funktioniert, wie geplant, so auch dieses Mal:

Die Standard VII Primary-Kids sollten letzten Dienstag fahren und standen alle morgens um 6h in der Schule und warteten auf die Abfahrt. Der bestellte Bus war leider noch in der Werkstatt und um 12h war dann auch klar, dass die Fahrt an diesem Tag nicht mehr stattfindet. Dann wurde ein anderer Bus organisiert, fuer den naechsten Morgen um 5h und alle Kids durften in der Schule schlafen. Dieser ging dann bis nach Seronera, wo wieder etwas kaputt war und alle Kids dann im Busch festhingen, kein Essen mehr hatten etc. Im Ergebnis fuhr Sr. Denise abends um 21h hier los und holte die Kids in der Serengeti ab und kam nachts um 3h zurueck.

Daraufhin ueberlegten wir, mit der Form IV nach Rubondo Island zu fahren, da dies auch mit oeffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist und die Strasse asphaltiert. Headmaster James telefonierte mit den Zustaendigen dort und erfragte die Preise, alles bestens. Nun war es mein Job, dorthinzufahren und alles abzuklaeren und fuer die ganzen Schueler zu organisieren.

Gut, los ging es Do.frueh mit dem Bus zur Kigongo-Ferry, ueber den Victoriasee nach Geita und ab in die Pampa Richtung Bukoba. Um 14h erreichte ich das Dorf Muganza, von wo aus ich ein Boot nach Rubondo nehmen sollte. Hier musste ich mich erst bei der Polizei vorstellen und dann Kontakt mit dem Rancher aufnehmen. Dieser sagte dann, dass es auf der Insel weder Strom noch Essen, Kochstellen etc. gibt und meine Begleitung Teach Mahelo und ich, alles selber mitbringen muessen. Ok, das Dorf bestand nur aus 30m Hauptstrasse mite in paar Mini-Laeden, at least, I fand einen netten Herrn, der Plastikschuesseln verkaufte. Mit diesen ging ich dann in das einzige “Restaurant” und fragte, ob sie uns ein wenig Reis und Fisch in unsere Plastik-Potts abfuellen koennen. Wunderbar, alles fertig soweit, bis der Rancher wieder anrief und meinte, das Boot sei unterwegs, koste aber 150US. Zudem sollen wir 140US Eintritt bezahlen, 40US fuer die Uebernachtung in einer Bandas und 50US fuer ihn selbst. – Aha – das waren definitive nicht die Preise, die er mit James vereinbart hatte, abgesehen davon, dass wir weder soviel Geld dabei hatten, noch US. Dann fand eine gute Stunde Dauergespraech zwischen Mwanza, Rubondo und Muganza statt. James bestaetigte die Preise, die er mir gab und der Rancher denied, anyway, zum Schluss gingen wir nicht und ich sagte dem freundlichen Ranger, dass zwischen 800 tsh fuer das Boot und 150 US ein weltweiter Unterschied liegt und wir auch mit all unseren Schuelern nicht kommen werden… Sr. Denise meinte, wir sollen sofort wieder zurueck nach Mwanza kommen – nur das kleine Problem lag darin, dass nur 2 Busse morgens um 6h und 8h in Muganza vorbeikommen – also, wir brauchen einen Platz zum Schlafen. Und wo? Ich also wieder zur Police gelaufen und meinen netten Polizisten gefragt, wo wir hier irgendwo uebernachten koennen, alternative zu der Gefaengniszelle! Tatsaechlich gab es ein Guesthouse und in Polizeibegleitung wurden wir dort hingebracht und ich bekam sogar ein Einzelzimmer mit Latrine. Das war’s dann aber auch, weder Wasser noch Strom. Abends waermte uns die Guesthouse-Dame freundlicherweise unseren Fisch auf und wir sassen auf dem Bett und assen in der Dunkelheit unseren Plastik-Pott-Fisch, leider gab es weder einen Tisch, noch einen Stuhl, geschweige denn einen Loeffel. Mit einer Kerosin-Lampe ging ich dann um 21h ins Bett, fuehlte schon nach 1 Stunde eine leichte Kerosin-Abhaengigkeit. Also latschte ich mit meiner Lampe im Zimmer herum, das Holzbrett-Fenster zu oeffnen war zu gefaehrlich, weil sonst Leute von draussen reinkommen koennen, ohne Lampe war es stockfinster wie in einem Kuhmagen, mit Lampe hat es fuerchterlich gestunken… – Gut, mit der Lampe in meinem Bad hab ich dann die Nacht einigermassen herumgebracht und stand um 7.30h am Bus, der dann zwar erst um 9h kam, aber uns trotzdem sicher nach Mwanza zurueckbrachte. Immerhin: der Wille, einen schoenen Schulausflug zu organisieren, war ja da!

So, das waren mal wieder ein paar Episoden aus meinem tansanischen Alltag!

In diesem Sinne eine schoene Woche!

Gruss Steffie

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